2025 HEADING WEST
Der Westen ist deshalb so erfolgreich und langlebig weil er unsere tiefe Sehnsucht nach Abenteuer bedient. Er lebt von der Hoffnung, dass wir immer wieder neu definieren können, was es bedeutet, Individuum und frei zu sein.
Kompromissloser Individualismus, hier auch das Recht des Stärkeren, trifft auf den unbedingten Glauben an eine bessere Zukunft. Eingebettet in grandiose Naturspektakel ist er Stoff für den Traum nach unendlicher Freiheit. Von Sarah Keyes Reno/Texas

SUMMER IN WHITESIDE
Wir treffen Terry im Eingangsbereich des Flughafens und klettern in den Chevy Tahoe. Dann bleiben Asphaltstraßen, Mobilfunknetze und Kriegsnachrichten hinter uns, sogar die Hitzewelle, die über den europäischen Kontinent rollt. Flecken von Sonnenlicht streichen über die Ebenen, dazwischen Wolkenschatten. Es ist 6 pm und hat noch satte 28 Grad. Auf unserer Fahrt über den Transcanada Highway bekommen wir die neueste Nachrichten von Whiteside und der Weltpolitik geliefert.
THE FIRST DAY
Den ersten Tag verbringen wir mit ANKOMMEN. Zuerst der Einkauf in Port Hawkesbury; wir sind schon routiniert! Lebensmittel im Atlantic Superstore; eine neue Post Box im Canadian Tire - die alte ist tatsächlich schon bis zur Unkenntlichkeit verrostet, obwohl sie erst zwei Jahre alt ist. Hier hat die salzige Luft ganze Arbeit geleistet; zum Liquor Store um den Wein- und Biervorräte aufzufüllen. Walters Handy bekommt eine kanadische SIM-Karte.
Nachmittags mit einem Buch auf dem Deck, Sonne und Wind genießen. Ein laues Lüftchen taucht das Ufer und unser Land in milde Atmosphäre. Hummingbirds bevölkern schon die Futterstelle. Gelegentlich fliegen sie zu uns, stehen schwirrend vor uns in der Luft, geradeso, als ob sie nachschauen, wer da ist. Ich wusste gar nicht mehr, wie schön es hier ist.
TASKS ARE THERE TO GROW
Morgens um 6:30 Uhr. Es ist noch nicht richtig hell, eher sehr, sehr düster. Ein heftiges Brausen lässt mich in meiner geschützten Welt hinter den noch zugezogenen Vorhängen erahnen, was da draußen vor sich geht. Es gießt in Strömen. Die Regenrinne ist wieder einmal verstopft. Oder hat sie ein Loch oder gleich mehrere? Für ein paar Momente ergießt sich ein breiter Regenvorhang vor meinem Fenster. Jeder Tag bringt gleich morgens Aufgaben, um die wir uns kümmern müssen/können/sollen/wollen…
ENTRYWAY BENCH
Morgens: Obwohl ich seit langem weiß, dass das Wasser eiskalt aus dem Wasserhahn kommt, sind Gesicht und Zähne für einen langen Moment geschockt! Die Zahnbürste erinnert stark an eine Stahlbürste, mit der Eisenflächen blank gebürstet werden können! Wer jetzt noch nicht wach ist, ist es im diesem Augenblick.
Der Blick aus dem Fenster ersetzt die Wetter-App. Sonnig mit leichter Bewölkung. Eine einzelne Möwe schaukelt auf den Wellen, blendend weiß, angestrahlt von der Morgensonne. Dieser Tage ist es nachts sehr kalt. Wird aber tagsüber mit 25 Grad angenehm warm. Heute stürmischer Wind. Nach zwei Stunden arbeiten im Freien bin ich derart durchgeblasen, dass ich einen Moment Ruhe brauche.
Nachmittags kommt unser Schreiner vorbei. For coffee. Ich soll kommen, er hätte Sitz-Bänke gebaut. Da habe ich gleich eine neue Bank für unseren Eingangsbereich vor meinem geistigen Auge. Die jetzige, sicher liebevoll durchdachte, soll durch ein schlichtes Design ersetzt werden. Keine schwungvolle Rückenlehne mehr, keine Verzierungen mehr und vor allem keine ausgesägten Herzen mehr… Vorsichtshalber entwerfe ich schon mal eine ganz reduzierte.
FISHING TIME
In der heimischen Garage angekommen, werden die Fische gewürzt, in Alufolie gewickelt und gegrillt. Einen Teil friere ich ein, der andere Teil wird mit einem Sud aus Wasser, Essig, Pfeffer, Salz, Lorbeerblatt, Zitrone übergossen und in Schraubgläser gefüllt. Die beiden kleinsten bekommen die Adler als Snack zwischendurch. Wobei ich nicht genau weiß, wer oder was die Fischstücke von der gesetzten Steinplatte nahe am Ufer holt. Immer wenn ich nachsehe, ist sie leer!

GREAT WHITE NORTH INVASION
Ein wundervoller Morgen, das Meer leichte Wellen. Sanfter Wind. Die Sonneneinstrahlung schon ganz gut. High Tide. Natürlich sollte man jetzt schwimmen gehen. Irgendwie ist das Wasser noch ganz schön erfrischend. Mein Blick sucht die gesamte Wasserfläche des Basins nach einer Haifischflosse ab. Gestern haben wir von einem Unfall an der nahegelegenen I´le Madame, Nähe Sable Island gehört. Eine Frau ist in der Nähe einer Seehundkolonie ins Wasser gesprungen und von einem Weißen Hai gebissen worden.
Eine Nachricht auf Facebook: "Die Ostküste von Cape Breton ist heute Morgen sehr haifischreich. 4 markierte Haie wurden an der Küste Nova Scotias gesichtet. Die wärmeren Gewässer weiter südlich, reichlich Beute und jahrzehntelange Schutzmaßnahmen gegen die Jagd bedeuten, dass immer mehr Weiße Haie in diese Gegend kommen. Während die meisten Haie weit vor der Küste bleiben, sind Weiße Haie dafür bekannt, näher heranzuschwimmen, während sie auf der Jagd nach Robben sind. In Lunenburg wird gerade eine Dokumentation mit einem wissenschaftlichen Team gedreht. "Great White North Invasion". Zu sehen auf Discovery+. Das Team wurde bereits beim Aufbau der filmischen Mittel unter Wasser von einem Weißen Hai überrascht…
Ich brauche noch eine Weile, bis ich mich rückwärts ins Wasser gleiten lasse.
CURRENT OUTAGES
Ein schriller, pfeifender Ton katapultiert mich aus dem Bett. Kurze Pause und erneut der durchdringende Ton, der einen bis ins Mark erschüttert. Das geht ne ganze Weile so. Es ist wieder einmal die Alarmanlage! Bei Stromausfall legt sie los. Ist ja verständlich, dass man bei drohender Gefahr geweckt werden will oder reagieren muss, wenn lebensnotwendige Gegenstände nicht mehr funktionieren oder womöglich der Gefrierschrank antaut! An die gelegentlichen Stromausfälle, mal 2 Stunden, mal 30 Minuten haben wir uns schon gewöhnt. An die Sirene allerdings nicht! Die PANIC-Taste traue ich mich nicht drücken, obwohl die Sirene durchaus solche Emotionen auslöst! "Ask Terry", ist die Devise und der kommt auch prompt vorbei und hilft. Er wäre eh schon seit 5:00 Uhr auf. Der Sommer wäre ihm sonst viel zu kurz…

YOUR PASSION
Nach Ansicht der Indigenen kommt jeder mit einer Begabung und der daraus erwachsenden Aufgabe auf diese Welt. Frage: Woran spüre ich, was meine Berufung ist? Daran, wofür mein Innerstes brennt. Was mir am meisten Freude macht. Was mit mir im Einklang ist. Und so dauert es auch nicht lange, bis ich mir die Renovierung des Eingangsbereichs vornehme. Natürlich immer mit großen Pausen um die Sonne zu genießen. Die stabile Schönwetterlage lässt einen verschwenderisch mit der Zeit im Freien umgehen. "Geh` in Schönheit", sagen die Indigenen. Gemeint ist, ein von Achtsamkeit und Dankbarkeit geprägter Gang durchs Leben. Ein Gang im Einklang mit uns selbst und mit allen Geschöpfen. Beim Streichen kann man so schön Nachdenken.
Um die höchste Stelle an der Wand zu streichen, oberhalb der drei Treppen, die zur Küche führen, brauche ich eine spezielle Leiter. Die muss ich mir ausleihen. Ich fahre los.
ST PETER'S
Lunch at The Farmers Pantry: Livemusic. Hier kann jeder für ein Trinkgeld spielen, der sich dazu berufen fühlt. Wir haben Glück. Der Gitarrist versteht sich auf Country- und Western Musik. Es ist brechend voll und wir haben auch gleich Kontakt zu unserem Vordermann. Er kommt aus Sidney und weiß, dass sich deutsche Immigranten noch vor den schottischen hier in der Gegend nieder gelassen haben. "Long time ago. Hardworking people. Especially the one from Bavaria!".
Lasagne Soup gegessen. Etwas ungewöhnlich, aber sehr gut! Danach nehmen wir den Kaffee wegen Überfüllung draußen auf den Stufen. Angeblich hat`s 20 Grad, aber die Sonne ist extrem stark und lässt uns im besten Sommer vermuten.
SATURDAY, THE FARMERS PANTRY, GRANVILLE STREET

NEW MOON
"Ich muss gar nicht so genau wissen, wie spät es ist. Entschleunigung ist angesagt"

CHALLANGE
Eine kräftige Bö lässt vor uns eine Sandfahne über dem Weg aufwirbeln. Wir treffen unsere jährlichen Schwimmbegleiter von Loch Lomond am Canal und müssen erstmal die neuesten Erlebnisse austauschen. Dann sind wir auch schon spät dran, bis wir die wenigen Meter bis zum Einstieg am Bras d' Or Lake erreichen. Ich, heute vorsorglich im Neopren. Die Schwimmstrecke zwischen See und Meer ist nur 800 Meter, aber das Wasser ist kalt und uns kommt ein heftiger Wind entgegen. Mit einem brausenden AAhh aus der Menge schließt die Schleuse hinter uns. Wir werden auf den Level des Meeres geschleust und nach wenigen Minuten öffnen sich unter begeisterten Yeahh-Rufen die Stahltore und entlassen uns in den Atlantik. Heftige Wellen kommen uns unerwarteter Weise entgegen. Ein leichter Sog führt mich und mehr als 400 Teilnehmer die restlichen Meter ans Ufer. Diesmal an's gefühlt, RETTENDE Ufer! Puh, war das heute anstrengend! Die Klänge des Dudelsackspielers verwehen im Wind. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Beine wieder auf "gehen" einstellen – Paare suchen sich und finden sich – habe ich alles bei mir? – die Haare, ein Filz aus Salz und Wind… Bin total durch! Erstmal was Essen!

FIRE BAN
Immer wieder brechen Feuer in den Wäldern von Nova Scotia aus. Es hat seit langem nicht mehr geregnet, der Boden ist ausgetrocknet. Deshalb wurde nun ein WILDFIRE BAN ausgerufen. Selbst Lagerfeuer zuhause sind strengstens untersagt. Wenn man sich nicht daran hält kann es mit $25000 Strafe sehr teuer werden. Also erstmal keine Lagerfeuerromantik!
Dafür haben wir einen neuen Song entdeckt. Locker-leicht kommt er daher und macht Laune, den Tag zu beginnen.
Toni Schields: STOP YOUR FUSSIN'
CLAN CAMERON – ein Schottisches Adelsgeschlecht

Wir folgen der Einladung zu unseren Nachbarn, den Camerons. Der Name des schottischen Clans kommt aus der Gegend um Fort William in Großbritannien. Die Ursprünge gehen ins 14. Jahrhundert zurück. Die Camerons entwickelten sich mit ihren 800 Mann zu einem kampfstarken Verband, der in den folgenden Jahrhunderten in zahlreichen Clankonflikten um Land und Ehre kämpfte. Der Schlachtruf der als wilde Kämpfer bekannten Camerons war Chlanna nan con thigibh a so's gheibh sibh feoil! (gälisch für "Hundesöhne, kommt her und holt euer Fleisch!" Die Cameron Highlanders waren eines der letzten Bataillone, welche mit Kilt in die Schlacht zogen. Sie erhielten dafür den Spitznamen Ladies From Hell. Ab 1748 auch in Kanada beheimatet. Tartan, das typische Karomuster der wollenen Webstoffe der Kilts stiftet Identität und Zugehörigkeit zu einem der schottischen Clans.

Wir lassen die Historie hinter uns und tauchen ein in selbstgemachte Pasta mit Zitronensoße, Salat, Wein – Die Tagliatelle so richtig mit Nudelmaschine hergestellt! Unsere Gastgeber sind gerade zurück von ihrem Italienurlaub und haben Essen und Lebensart genossen. Walter lädt seinerseits zum Kaiserschmarrn ein…

HAPPY ME
Ich stelle fest, dass ich immer noch im Funktionsmodus bin. Dabei ist jetzt Sommer! Bin am Meer! Der Wind streicht durch die Wälder, die Sonne zeichnet eine glitzernde Szene auf die Wasseroberfläche. Sooo viele MUST HAVE'S! Möchte mit wenig auskommen, das reduzierte Leben genießen. Und schon kommt ein defektes Klo daher und wir müssen reagieren, optimieren! Eine innere Antriebskraft lässt mich Türrahmen streichen, Eingangsmatten aussuchen. Schöner – Höher – Weiter - Walter kann so ziemlich alles reparieren! Wenn auch unter gelegentlichen Flüchen, die hier vom Wind fortgetragen werden...
THE BATHROOM
Für die Installation des neuen Klos braucht es erstmal einen Aufbau zur eigentlichen Ebene des Holzbodens! Gut, dass wir noch übrige Holzboden-Latten haben. Was für eine Arbeit, die einzupassen! So 1 cm unter der Fußboden-Ebene ist keine gute Arbeitshaltung! Dabei hat der Verkäufer versprochen, den Aufbau können sogar SIE! Daraufhin habe ich mir seine Nummer geben lassen. Wir sollen anrufen, wenn wir Probleme haben. Allerdings konnte keiner mit dem Murks rechnen, den wir beim Abbau vorfinden würden.
Mittags erstmal ein Steak, Maiskolben, Kartoffeln, Bullseye und Sour Cream
THE BOOJUMS ROCK GRANVILLE GREEN
Sonntagabend lädt Granville Green zum sommerlichen Abendevent. THE TOWN HEROES ist die Vorgruppe. Einer der HEROES ist hier vom Ort und Betreiber eines Frisörsalons. Gleich fragt er in die Runde, wer einen neuen Haarschnitt bräuchte, könne sich bei ihm melden. Die Hauptgruppe THE BOOJUMS ist dann schon richtig professionell und unterhält uns auf's Angenehmste. Stimmungsvoller Abendhimmel. Möwen und Fischadler im nahen Hafen. THE ENNIES SISTERS aus Neufundland sind für nächste Woche angekündigt.INTELLIGENCE IS REQUIRED
Es gibt Spagetti mit Tomatensoße. Das gibt meiner Meinung nach erstmal Kraft für die nächste Aufgabe. Das Ruderboot muss nämlich wieder aus dem Bachbett geholt werden. Ist von Wind und Wellen dorthin getrieben worden. Walter: Dazu braucht's keine Kraft, sondern Intelligenz! Na, dann gerne auch mit Intelligenz.
STRAWBERRY FLAKES
Gestern haben wir die Strände bei Port Hood besucht, nicht ohne einen Stop im Tea Room and Bakery mit den fantastischen Strawberry Flakes, ein Traum gewordenes Sahne-Erdbeer-Blätterteig-Quadrat, einzulegen. Wir sind nicht allein. Die gute Qualität hat sich wohl rumgesprochen.
Kurzes Bad an einem der Strände in Port Hood und weiter nach Inverness. Mittags in Brewery No 19 Steak und Pommes und Bier "Hole 19". Sehr gut!

IT`S IN OUR DNA
Im Inverness County Center For The Arts zeigt die Künstlerin Joan Jonas/eine Escasoni, Video and Performance Art. Ihr Statement: "Irgendwo in unserem Unterbewusstsein wissen wir, dass wir aus dem Ozean kommen. Ist in unserer DNA verankert." Eindrucksvoll!

MABOU BEACH
Sonne und Wolken. 17:00 Uhr. Strand bei Ebbe leider steinig. Wasser wunderbar.
KNOTS
Starker Wind von Süden. Das Meer braust und schäumt zum Ufer hin. Ich fühle mich dieser mächtigen Natur ausgesetzt. Sobald ich nach draußen gehe, merke ich: ich habe nichts entgegenzusetzen, was von Wert wäre, was Stand hält… Bin weit entfernt von einer Romantisierung der Natur.
Am besten erstmal was Handfestes! Knoten-knüpfen-üben. YouTube weiß, wie der Palstek-Knoten geht. Verschiedene Versionen – bis mir eine davon verständlich erscheint! Und nach ein paar verwirrenden Verschlingungen klappt das auch. Damit kann man Menschen retten und einen Fender bequem tragen.HURRICANE ERIN
Seit Tagen werden wir über den möglichen Tropic Storm informiert. Nachbarn haben vorsorglich ihr Segelboot in den sicheren Hafen nach Port Hawkesbury gebracht. Dieser Sturm wird der erste Hurrikan der Atlantiksaison und könnte Auswirkungen auf Nova Scotia haben. 20 Fuß hohe Wellen werden erwartet. Der Windfinder zeichnet ein eindrucksvolles Bild. Habe bereits die Paddel und alle losen Gegenstände in die Garage gebracht und warte nun auf die ersten Anzeichen. Und warte… Erin zieht draußen auf dem Meer an der nordamerikanischen Küste entlang ohne auch nur ein kleines Lüftchen an Land zu verschwenden. Das gibt es also auch!

WHO AM I BEYOND THE EVERYDAY?
Die Tage hier sind länger als zu hause. Es sind Kindertage, die keine Begrenzung kennen.
Freiheit heißt: Ein hohes Maß an Autonomie scheint ein guter Nährboden für Zufriedenheit und Glück zu sein.
Die Geschwindigkeit des Lebens herunterfahren.
THEY`RE AN INVASIVE SPECIES...
DIE SIEBEN ARTEN DER RUHE
Ich werde gefragt, womit ich mich denn den ganzen Tag
beschäftige, wenn ich so lange Urlaub mache und nicht besonders viel unterwegs bin?
Da wären zum Beispiel > Die Sieben Arten der Ruhe <
Ruhe ist eine regenerative Aktivität, die sicherstellt, dass das, was du an
Energie ausgibst, auch wieder rein kommt. Auf der körperlichen Ebene wäre das: Stretching,
Yoga, Walken, Functional Training. Auf der mentalen Ebene Atemübungen,
Achtsamkeitsübungen, Lichttexte, Gebet, Doodles malen. Ich kann den Funktionen
meiner Organe vertrauen und zügele meinen Verstand. So können Energien fließen.
Emotionale Ruhe heißt, ich bin mit meinen Emotionen ausgeglichen. Ich kann sie
äußern, kann mich jemandem anvertrauen. Bekomme Unterstützung. Mögen die Leute
mein wahres ICH? Wem kann ich meine authentischen Emotionen anvertrauen? Meide
Menschen, die negative Emotionen hervorrufen. Ärger, Neid, Scham, Schuldgefühle,
Eifersucht oder Frustration. Und dann wäre da noch die sinnliche Ruhe. Ohne
Alles, Zeit im Raum verbringen. Bleibt noch spirituelle, kreative und soziale
Ruhe. Bis ich da durch bin, dauert das eben etwas…

GERMAN QUALITY
Im Haus gibt es ein AIR VENTILATION SYSTEM, das wir noch nicht ganz durchschaut haben. Ein Holzhaus hat eigentlich sowieso einen natürlichen Luftaustausch, meinen wir. Nicht so, die Kanadier! Das wäre von essentieller Bedeutung! In den Sommermonaten müsse unbedingt das AVS eingeschaltet sein, um verbrauchte Luft aus dem Haus zu bringen und frische anzusaugen. Die Idee, ein Fenster zu öffnen ist wohl ziemlich deutsch. Nirgendwo in der Welt würde man morgens das Fenster aufreißen! Geschweige denn einen Frische-Kick für eine geruhsame Nacht! Fenster auf! Stoßlüften! Querlüften! Frischluft! Es zieht!
Beste deutsche Fensterqualität wird gleichgesetzt mit deutschem Bier, Bundesliga, schnelle Autos, Schnitzel und mehr. Ich lerne eine Menge über mich und meine Spezies.APPOINTMENTS
Eine weitere Eigenschaft im deutschsprachigen Raum ist, sich für ein Treffen zu verabreden. Hier schaut man vorbei. Schaut, was gerade dran ist, sagt, da könne man helfen und schon sind unsere Vorhaben wie golfen oder segeln, wo doch Zeit, Tide und der passende Wind so wichtig sind, verschoben. Das bestellte Kellerfenster von letztem Jahr wird eingebaut. Brake. Meine Plätzchen sind bei Handwerkern sehr beliebt. Heute "Heidesand".
Wir bekommen einen ausführlichen Bericht über einen Schweizer, der per Terminvereinbarung seine Waschbär-Familie vorzeigen wollte! Das ist allerdings schräg, da hier die Waschbären einen fürchterlichen Ruf als Allesfresser haben, die in Haus und Garten erhebliche Schäden anrichten können! Sollten also als Haustiere in jedem Fall vermieden werden!THE FIRST NATION IN NOVA SCOTIA

Die Mi'kmaq sind die Gründungsvölker im heutigen Nova Scotia. Dreizehn Stämme/First Nation, vertreten durch jeweils einen Häuptling und einen Rat kommen regelmäßig in Angelegenheiten, die die Mi'kmaq-Rechte, Verhandlungen, Konsultationen und die Regierungsführung betreffen, zusammen. Ca. 20 000 First Nation leben in Nova Scotia, davon fast die Hälfte in Reservaten. Die indigene Bevölkerung ist mit 25 Jahren im Vergleich zu 41 Jahren für die Gesamtbevölkerung wesentlich jünger. Die besonderen Rechte der kanadischen Indigenen umfassen kulturelle, soziale, politische und wirtschaftliche Aspekte. Die Selbstverwaltungsvereinbarung in den Reservaten gibt den Mi'kmaq mehr Verantwortung und Selbstständigkeit.
Brenda ist Vorsitzende der Förderer des nahen Krankenhauses und erzählt, dass sie bei JEDER Eröffnung der Sitzung eine Formel vortragen muss, dass sie dankbar sind, das Land der Natives nutzen dürfen!

EVERWIND
Hier treten Stoney-Bären-Sänger von Eskasoni bei einer Segnungszeremonie für drei neue Schlepper von EverWind an der Meerenge von Canso auf. Das Projekt wird auf deren Land gebaut und betrieben werden. Die grüne Wasserstoff-/Ammoniakanlage von EverWind sowie die damit verbundenen On-und Offshore-Windparks könnten weg von Südamerikas Kohle, weg von Öl aus dem Nahen Osten und weg von amerikanischem Fracking-Erdgas hin zu Export von grüner Energie führen. Europa ist bereit mehr Geld für die Abnahme von grüner Energie in die Hand zu nehmen.
Auch hier werden die Boote mit Champagner getauft.
THE POTLOTEK GREENHOUSE
Im Reservat wählen wir die Straße nach Chapel Island. Vorbei an lose an der Straße entlang verstreuten Häusern; keinerlei Bauvorschriften zu erkennen. Die Anwesen immer mit alten Pickups, noch älteren RVs, verschiedene Fässer, Anhänger, Bagger verschiedener Art, gelegentlich eine Kinderrutsche. Wir sind auf der Suche nach dem angepriesenen Gewächshaus im Reservat. Dort wollen wir Gemüse kaufen. Das Navi führt uns zielsicher, obwohl ich den Eindruck habe, hier kommt nichts mehr. Das moderne Gewächshaus ist mit einer geothermischen Klimabatterie und einem nachhaltigen Erdwärmesystem ausgestattet, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, wie es heißt. Ein Vorzeigeprojekt! Zur Auswahl stehen grüne Bohnen, Kirschtomaten, Paprika, Pepperoni, Zucchini, im Oktober dann Karotten und Zwiebeln… Wir werden von zwei Jugendlichen bedient, die ihre Sache betont gut machen wollen. Wir helfen, wo wir können, auch beim zusammenzählen. Irgendwie rührend!
SAILING
Den Zustand, dass mal alles funktioniert und alles Notwendige vorhanden ist, gibt es beim Segeln nicht! Doch heute scheinen die Sterne günstig zu stehen! Zeit und Ort und Wind und Wellen und Vorhersage und Gesundheitszustand alles bestens! Laues Lüftchen. Sonnig. Vormittag. Perfekt! Walter segelt heute.
DECK II
Wir sitzen auf Deck II bei unserem morgendlichen Kaffee-Ritual. Der Sonnenschirm ist nur bei wenig Wind brauchbar – so wie heute. Die Grillen bilden mit ihrem Gezirpe den Grundton. Zwischendurch die Zikaden mit an- und abschwellendem, sirenenhaften Ton. Vielleicht ist es auch nur eine, die dafür umso lauter! In der Ferne der Ruf des Fischadlers. Vom Boot herüber der helle Ton vom Karabinerhaken, der rhythmisch an den Bootsmast schlägt. Heute musste ich schon ein Spinnennetz entfernen. Der lange Faden, der das Netz hält, ist extrem widerstandsfähig und ich musste ein paarmal nachkehren.
Die Sonne wirft schon lange Schatten und die kühlen Nächte lassen den bevorstehenden Herbst erahnen. Noch sind kurze Hosen und baden im Meer angesagt.SNAKES AND MORE
In der Garage hat eine Schlange Schutz vor der kühlen Nacht gesucht. Morgens ist sie noch recht unbeweglich und verkrümelt sich langsam in die Ecke. Schätze es ist eine Blindschleiche. Das kann mich jetzt nicht besonders ängstigen, da wir als Kinder mit der Schaufel gefundene Blindschleichen in den Eimer geladen haben und den Eimer zum Bahndamm tragen und ausleeren sollten. Vorsicht war nur beim Überqueren des Weidingweges geboten, da kam alle Jahre mal ein Auto!GOLF DUNDEE
Auf die Frage, wie es beim Golfen war: Die Bedingungen waren ausgezeichnet! Wenn da nicht verschiedene Anforderungen wären, die mich fordern, die mir das Gefühl geben, gar nix zu können und gelegentlich der gelungene Schlag, der mich aufbaut. Ansonsten einige Bälle verloren, einen gefunden. Ein paar Bestschläge, einige gute, viele trainingswürdige! Ein Weißwedelhirsch beobachtet uns.
THE EAGLE
Seit zwei Tagen ist der Adler in der Nähe. Begleitet von zwei Raben, die ihn immer wieder attackieren. Weitere sehr helle Schreie von Vögeln, die ich noch nicht zuordnen kann, sind zu hören.
FINALLY!
Heute landet ER mit großen Flügelschlag auf dem nahen Baum. Vom Küchenfenster aus ist er gegen den Himmel gut zu beobachten. Unglaublich groß, DER HERR DER LÜFTE, eben. Abwartend. Vielleicht hat er das rohe Ei entdeckt, das auf dem großen Stein für ihn bereit liegt. Oder sollte es lieber ein gekochtes Ei sein? Mal sehen.
ICECREAM
Diese angehende Eisdiele möchte ich euch nicht vorenthalten. Kanadier lieben Eiscreme und das einladende, dazu passende Cafè – nun – da ist es doch! Begeistert wird darauf hingewiesen, dass man hier auch draußen sitzen könnte! Amazing!
ATMOSPHERIC EVENING
An G und M: Sende euch liebe Grüße von diesem stimmungsvollen Abend. Wir sehen uns morgen zum Lobster essen 5 p.m. Freu mich.
An B, F, J und T: Sending you love from atmospheric evening. See you tomorrow at the lobsters 5 p.m. We are looking forward seeing you.LOBSTER MEETING
Wir laden ein zum Lobster-Essen. Die Hummer bekomme ich auf Ile Madame bei Jeanties Mini Market. Ich wurde bereits angekündigt und werde sehr nett bedient. Natürlich mit dem Hinweis, dass die blauen Hummer sehr, sehr selten wären! Auf der Fahrt zurück sind ein paar Krabbelgeräusche zu hören. Gut, dass ich die verschließbare Box dabei habe! Zurück in Francis` Garage wartet schon ein riesiger Topf mit entsprechender Gasfeuerung auf die Ladung. Die Hummer werden 30 Minuten in Meerwasser gedämpft und bekommen erst dadurch ihre typisch rote Farbe. Dazu Salate, verschiedene Dips, Wein und Dessert. Und natürlich Maple Vodka von Steinhardt, der nahegelegenen Distillery.
Benchmaker II
Walter hat eine tolle Bank für unser Deck gebaut! YouTube weiß alles, und damit auch Walter! Und weil wir für den Innenbereich auch eine brauchen können, entsteht eine weitere. Ist echt gut geworden!!!
CHAIN SAW AND MORE
Der Driveway wird freigelegt. Wir müssen ein zweites Depot für die abgesägten Bäume und Büsche anlegen. Lagerfeuer sind noch immer nicht erlaubt und so können wir im Augenblick nichts verbrennen. Die Depots füllen sich!

ENCOUNTERS
Golf gespielt. Nur mit dem 8er + Driver und Putter. War gut. Begegnungen mit einer Schar Kanadagänsen und mit drei Weißwedelhirschen. Bei traumhaftem Wetter haben wir den Platz fast für uns!

BE HAPPY
Man sagt, Kanadier gehören zu den glücklichsten Menschen der Welt. Vielleicht brauchen sie weniger, um glücklich zu sein. Und – hier kannst du jederzeit den Trubel verlassen und zur Ruhe kommen.
Hier am Strand von Point Michaud.
RODEO IN TRURO
Underwear XL gekauft, getankt und schon sind wir auf dem Transcanada Highway Richtung Truro unterwegs. Die Milbrook First Nation veranstalten ein Rodeo/Stampede, was bei Kanadiern nicht nur auf ungeteiltes Lob stößt. Die Natives begrüßen uns mit ihren typischen rhythmischen Trommelklängen. Danach ein Gebet und ein Statement, dass Kanada ein schützendes und zu schützendes Land ist, von dem niemals Krieg ausgehen würde… Eine Reiterin kommt mit großer kanadischer Flagge in die Arena geritten und eröffnet das Rodeo. Selbstsicher. Sie hat das Pferd voll im Griff, wie auch die nachfolgenden Akteure. Gebannt fühle ich mit den Reitern, den Pferden, den Helfern, die sachkundig auf den Gattern stehen, die Gurte in den Boxen festzurren, letzte Tipps geben, das Gatter öffnen…
Die späte Nachmittagssonne taucht das Geschehen in weiche Farben. Es ist kalt!
JUST AN APPETIZER
Terry ist zurück mit reichlicher Ausbeute. Er war mit dem Boot bei den gegenüberliegenden Inseln und sammelt bei Ebbe einen Eimer voll Austern. Gedämpft in Meerwasser und Bier öffnen sie sich von selbst und man kann sie einfach essen. Teilweise sind mehrere aneinander gewachsen. Mit einem speziellen Messer lassen sich selbst die geschlossenen leicht öffnen. Wir sind ja schon geübt und öffnen die Austern mit sicherem Griff! Unglaublich, was das Meer vor der Haustüre so alles zu bieten hat! Thanks, for sharing this!

TIME FOR REFLECTION
Während unseres Aufenthalts haben wir die kanadische Kultur kennengelernt, andere Menschen, deren Mentalität. Wir haben anders gelebt und andere Prioritäten gesetzt. Wir Deutschen sind strenger mit uns und anderen. Kann es sein, dass Freude und Urvertrauen ins Leben, Disziplin, Pflichterfüllung und unzählige Regeln weichen müssen? Ich freue mich auf das Zusammensein mit unserer Familie und unseren Freunden, den Austausch, die Offenheit, die Vertrautheit. Und doch bleibt Kanada Sehnsuchts- und Zufluchtsort an den wir so oft wir können, zurückkehren. Unser Aufenthalt hat einen Funken entzündet, ein Funken an Lebensenergie.